normal keine LG

Europäische Säule Sozialer Rechte verkündet

20.11.2017

Europäischer Rat, EU-Kommission und EU-Parlament haben im Rahmen des EU-Sozialgipfels in Göteborg am 17. November 2017 die „Europäische Säule Sozialer Rechte“ proklamiert.

Es handelt sich bei ihr um keinen Gesetzgebungsakt. Die Erklärung enthält 20 politische Grundsätze zu den Bereichen „Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang“, „Faire Arbeitsbedingungen“ und „Sozialschutz und Integration“. Grundsatz 15, der auch die bAV betrifft, wurde gegenüber dem im April 2017 veröffentlichten Entwurf (siehe hier) nicht mehr verändert. Er enthält also keine spezifischen Aussagen zur betrieblichen Altersversorgung. Das „Recht“ auf ein angemessenes, den Beiträgen entsprechendes Ruhegehalt und die Sicherstellung eines gleichberechtigten Zugangs von Frauen und Männern zu Ruhegehaltsansprüchen ist somit als Aufgabe aller drei Säulen zu verstehen.

Die Kommission selbst sieht die 20 Grundsätze als Instrument zur praktischen Umsetzung und Durchsetzung des bereits vorhandenen Bestands an gemeinschaftsrechtlichen Regelungen mit sozialpolitischer Funktion („acquis“). Sie sollen aber auch als „Leitlinien“ Berücksichtigung bei künftiger EU-Gesetzgebung finden. Dabei sollen Zuständigkeiten der Mitgliedsstaaten und die Besonderheiten nationaler Regelungen gewahrt bleiben.

In der Tat sind die Handlungsmöglichkeiten der EU in diesem Bereich begrenzt, da viele der Gegenstände der Erklärung in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedsstaaten (oder der Sozialpartner) fallen, wie etwa „Löhne und Gehälter“, „Mindesteinkommen“, „Gesundheitsversorgung“ und insbesondere auch die „Alterseinkünfte und Ruhegehälter.“

Vorausschauend spricht dennoch viel dafür, dass die Proklamation ihre politische Funktion erfüllen wird. Sie wird die EU ermutigen, die Grenzen ihrer Möglichkeiten auszuschöpfen und die politischen Appelle an die EU-Mitgliedsstaaten intensivieren, die Konvergenz nationaler sozialpolitischer Regelungen zu erhöhen. Ein aktueller Beleg dafür sind fortgesetzten Arbeiten an der Verordnung für ein europaweites privates Altersvorsorgeprodukt (pan-European Personal Pension Product - PEPP) und an den begleitenden Empfehlungen zu deren steuerrechtlichen Behandlungen.

PEPP wurde bereits im April 2017 in einer Arbeitsunterlage der EU-Kommission als ein möglicher Ansatz für die „Umsetzung“ der europäischen Säule Sozialer Rechte erwähnt. Dieses Dokument ermöglicht konkretere Rückschlüsse über künftige Maßnahmen der Kommission als die verabschiedete Erklärung selbst, in der die 20 Grundsätze nur in knapper allgemeiner Form ausformuliert werden. Sie gibt auch Auskunft über die aus Sicht der EU-Kommission bestehenden gemeinschaftsrechtlichen Zugänge zu jedem einzelnen der in der Erklärung aufgezählten sozialen Rechte.

PensionsEurope und aba hatten bereits im Dezember 2016 im Rahmen einer Konsultation der EU-Kommission zu dem Projekt Stellung genommen. Die Pensions-Europe-Stellungnahme unterstreicht die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten für Sozialpolitik und Altersvorsorge und verweist auf die EbAV-II-RL als ein Beispiel für eine sachlich angemessene aufsichtsrechtliche Mindestharmonisierung. Die aba-Stellungnahme hebt den besonders wichtigen Beitrag kostengünstiger, kollektiver betrieblicher Systeme für eine funktionierende Altersversorgung hervor. In diesem Zusammenhang äußerte sich die aba bereits damals kritisch über die geplante Schaffung eines PEPP.

Politk; [Aktuelles]; Positionen;