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DORA-VO zur digitalen Betriebsstabilität: Trilogverhandlungen in 2022

20.12.2021

Im Gesetzgebungsverfahren über die DORA-Verordnung („Digital Operational Resilience“ bzw. „Betriebsstabilität digitaler Systeme des Finanzsektors“) stehen die letzten Verhandlungen, und zwar zwischen Rat, Europäischen Parlament (EP) und EU-Kommission bevor.

Am 7. Dezember 2021 hat das Europäische Parlament in erster Lesung, aufbauend auf dem Bericht des federführenden ECON-Ausschusses, zahlreiche Änderungsvorschläge zu dem Verordnungs-Vorschlag verabschiedet, den die EU-Kommission am 24. September 2020 veröffentlicht hatte. Bereits am 19. November 2021 hat der Rat seine Verhandlungsposition verabschiedet. Dadurch wurden die Voraussetzungen für „informelle“ Trilog-Verhandlungen geschaffen, die Anfang 2022 beginnen werden (zum Verfahren im Artikel „EU erklärt: Trilog“).

Die Vorschläge sowohl des EP als auch des Rats tragen den Bedenken, die aba und PensionsEurope gegen den Kommissionsvorschlag vorgebracht haben, teilweise Rechnung. Beide Verbände hatten den Ansatz des DORA-Verordnungsvorschlags, ohne nennenswerte Differenzierungen ein einheitliches Regelwerk für nahezu alle Institutionen des Finanzmarkts zu schaffen, kritisch beurteilt. Ein PE-Positionspapier von April 2021 enthielt demnach die Forderung nach weitgehenden Ausnahmeregelungen für EbAV. Außerdem wurde eine stärkere Beachtung des Proportionalitätsgrundsatzes gefordert.

Rat und EP sehen in ihren Verhandlungspositionen zwar Einschränkungen bei EbAV vor, allerdings unter sehr engen Voraussetzungen: So sieht das EP die Herausnahme aus dem Anwendungsbereich der DORA-VO für EbAV mit weniger als 15 Mitgliedern („members“) vor. Der Rat sieht außerdem Erleichterungen bei den Anforderungen an das Risikomanagement vor (EW 34c, Art. 14a), allerdings nur für EbAV mit weniger als 100 Mitgliedern. Bliebe es dabei, würden nahezu alle deutschen EbAV der vollen Regelungsbreite der DORA-VO unterliegen.

Rat und EP haben zumindest den Wunsch nach einer Stärkung des Proportionalitätsprinzips aufgegriffen, und zwar in Form von Vorschlägen für einen neuen Artikel 3a. Die Vorschläge sind unterschiedlich ausformuliert, verwenden aber den nahezu identischen Maßstab für die Proportionalität. Genannt sind im englischen Text jeweils “size”, “nature, scale and complexity of their services, activities and complexity of service” als auch „their overall risk profile“. Diese Definition ähnelt den in der EbAV-II-RL verwendeten Kriterien für Proportionalität (z.B. Art. 21 Abs. 2 „size, nature, scale and complexity of the activities of the IORP“).

Rat und EP befassen sich beide auch mit Auswirkungen, die sich aus den Ermächtigungen an die Kommission zum Erlass technischer Regulierungs- und Durchführungsstandards ergeben könnten. Dabei wird das Risiko gesehen, dass Umsetzungsspielräume, die vom Verordnungsgeber für die Unternehmen gewollt sind, durch zu detaillierte Ausformulierung der technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards verengt werden. Sowohl in den Änderungsvorschlägen des EP als auch, noch ausgeprägter, des Rats finden sich Vorgaben, die dieser Gefahr entgegenwirken sollen. So heißt es beispielsweise in einer vom Rat vorgeschlagenen Ergänzung des Erwägungsgrunds 69a:

“To facilitate an efficient supervision of institutions for occupational retirement provision that duly takes into account both the application the principle of proportionality, as well as the need to reduce administrative burdens for the competent authorities, the relevant national supervisory arrangements in respect to such entities should fully take into account the specific nature, scale, complexity of the services, activities and operations and the overall risk profile of these entities even when exceeding relevant thresholds established in Article 5 of Directive 2016/2341”.