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Europäische Lieferkettenrichtline: Rat legt Verhandlungsposition fest, EP arbeitet noch

06.12.2022

Nachdem die Kommission im Februar 2022 den Vorschlag einer „Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937“ (Europäische Lieferkettenrichtlinie / CSDDD) vorgelegt hat, hat der Rat am 1. Dezember 2022 seine Verhandlungsposition zu dieser Richtlinie festgelegt. Ziel dieser Richtlinie ist es, dass Unternehmen Menschenrechtsverletzungen und negative Auswirkungen auf die Umwelt entlang ihrer Wertschöpfungs- bzw. Aktivitätskette identifizieren und minimieren bzw. deren Entstehung verhindern.

Um den Bedenken einiger Mitgliedstaaten hinsichtlich der Erfassung der von beaufsichtigten Finanzunternehmen (darunter EbAV) erbrachten Finanzdienstleistungen Rechnung zu tragen, hat der Rat in seiner allgemeinen Ausrichtung einen Kompromisstext vorgelegt, nach dem den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie die Entscheidung überlassen wird, diese Dienstleistungen mit aufzunehmen. Die Definition der Aktivitätenkette für beaufsichtigte Finanzunternehmen wurde entsprechend geändert, Anlagetätigkeiten wurden ausgenommen. Beschließt ein Mitgliedstaat, die Richtlinie nicht auf die Erbringung von Finanzdienstleistungen seitens beaufsichtigter Finanzunternehmen anzuwenden, soll für beaufsichtigte Finanzunternehmen die gleiche Aktivitätenkette wie für alle anderen Unternehmen gelten (vgl. Art 2 Abs. 8: „Die Mitgliedstaaten können beschließen, diese Richtlinie auf beaufsichtigte Finanzunternehmen (…) anzuwenden (…)“ in Verbindung mit Art. 3 Buchstabe g: „Vorbehaltlich Artikel 2 Absatz 8 umfasst der Begriff „Aktivitätskette“ in Bezug auf beaufsichtigte Finanzunternehmen im Sinne von Buchstabe a Ziffer iv auch […] die Tätigkeiten von (…)). Der Rat hat den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Schwellenwert von „im Durchschnitt mehr als 500 Beschäftigte“, ab dem Unternehmen von dieser Richtlinie erfasst sein sollen, beibehalten.

Das Europaparlament wird voraussichtlich im März 2023 über seine Position hinsichtlich der Europäischen Lieferkettenrichtlinie abstimmen. Der Berichtsentwurf des federführenden JURI-Ausschusses (Berichterstatterin: Lara Wolters, S&D, Niederlande) enthält eine deutliche Verschärfung verglichen mit dem Kommissionsvorschlag: Der Entwurf sieht unter anderem vor, die Schwellenwerte, ab denen Unternehmen von der Richtlinie betroffen sind, von 500 auf 250 Mitarbeiter sowie von 150 auf 40 Mio. Euro Nettojahresumsatz abzusenken. Außerdem soll nach dem Berichtsentwurf die Bereitstellung von Finanzdienstleistungen, worunter auch Pensionen gezählt werden, zu den „Sektoren mit hohem Schadenspotenzial“ gezählt werden, für die niedrigere Schwellenwerte gelten. Somit würden die Sorgfaltspflichten bereits für EbAV mit mehr als 50 Mitarbeitern und 8 Mio. EUR Nettojahresumsatz weltweit gelten.

Die aba setzt sich dafür ein, dass EbAV wie Altersversorgungssysteme, die unter die EU-Koordinierungsverordnung für Sozialversicherungen fallen (z.B. berufsständische Versorgungswerke), behandelt werden. Hier sieht der Rat vor, dass es den Mitgliedstaaten überlassen bleiben sollte, diese Einrichtungen bei nationaler Umsetzung der Richtlinie in den Anwendungsbereich aufzunehmen. Angesichts der Vielfalt der EbAV in den Mitgliedstaaten erscheint es sinnvoll, diese Entscheidungen den jeweiligen Mitgliedstaaten zu überlassen. Wenn ein Mitgliedstaat beschließt, diese Richtlinie auf EbAV anzuwenden, sollten die Anforderungen unter Berücksichtigung des für EbAV geltenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit umgesetzt werden.