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Hoher Aufwand durch kinderzahlabhängige Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung droht

24.03.2023

Der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit für ein Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz (PUEG) hat bei vielen Versorgungsträgern zu Befürchtungen über einen hohen Umsetzungsaufwand in ihrer Funktion als „beitragsabführende Stelle“ (etwa im Rahmen des Zahlstellenverfahrens) geführt.

Der Entwurf enthält einen Vorschlag zur Umsetzung des Urteils Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2022 zur Berücksichtigung des Erziehungsaufwands von Eltern im Beitragsrecht der sozialen Pflegeversicherung (Aktenzeichen: 1 BvL 3/18 und weitere). Im Urteil wurde festgestellt, dass ungeachtet des im Jahr 2004 eingeführten Beitragszuschlags für kinderlose Versicherte (zunächst 0,25 Prozentpunkte, seit 1.1.2022 0,35 Prozentpunkte) die von der Kinderzahl unabhängige gleiche Beitragsbelastung eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung begründet.

Der Referenten-Entwurf sieht vor, den Beitragszuschlag um eine kinderzahlbezogene Ermäßigung zu ergänzen. Einsetzend ab dem zweiten Kind eines Versicherten, soll sie den Beitragssatz um 0,15 Prozentpunkte pro Kind ermäßigen, begrenzt auf maximal 0,6 Prozentpunkte für Eltern mit fünf oder mehr Kindern. Dies soll laut Referentenentwurf lebenslang gelten. Das Urteil des BVerfG (Rz. 371) hatte dem Gesetzgeber die Wahl zwischen einer lebenslangen und (also ans Steuerrecht angelehnten) auf den mit anfallendem Erziehungsaufwand beschränkten Zeitraum gelassen.

Zugrundegelegt wird dabei ein weiter, eigenständiger Begriff der Elternschaft, der u.a. Fälle von Adoptionen, Stiefeelternschaften, Pflegeelternschaften etc. berücksichtigt. Dementsprechend groß ist die Zahl der anzuerkennenden Belege, die über Geburtsurkunden, steuerliche Bescheinigungen, Adoptionsurkunden. Die Auflistung in den einschlägigen “Grundsätzlichen Hinweisen“ des GKV-Spitzenverbands umfasst 18 mögliche Arten von Belegen.

Durchzuführen ist somit die Abfrage über die Kinderzahl nunmehr für alle gesetzlich pflegeversicherten Leistungsbezieher, da alle jemals bestehenden Elternschaften berücksichtigt werden (abweichend von der bisherigen Praxis, bei der die Abfrage über die Elterneigenschaft nur für ab dem 1. Januar 1940 geborenen Versicherte durchgeführt werden musste).

Dementsprechend kritisch haben sich die aba und die AKA (Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung e.V.)  in einer gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit abgegebenen gemeinsamen Stellungnahme geäußert. Sie verweisen darin auf den erheblichen Aufwand, der Versorgungsträgern für die Erhebung der Kinderzahl entsteht, an der unrealistisch niedrigen Schätzung des Umsetzungsaufwands (laut Referentenentwurf nur fünf Minuten Sachbearbeitungsaufwand pro Fall) und an der sehr kurzen Umsetzungsfrist. Vorgesehen sind ein Inkrafttreten der Reform bereits ab 1. Juli 2023 und ein Übergangszeitraum für die nachträgliche Berücksichtigung später eingehender Informationen bis 31. Dezember 2023. aba und AKA werden das Gesetzgebungsverfahren weiter begleiten. Sie setzen sich für eine sorgfältige Prüfung von alternativen Methoden der Informationsbeschaffung ein. Es sollte sichergestellt sein, dass bei der Erhebung der für die Umsetzung des Urteils notwendigen Daten Mehrfachabfragen vermieden werden (auch im Interesse der Versicherten) und bei den Versorgungsträgern als beitragsabführende Stellen keine unnötig hohen Lasten entstehen.