normal keine LG

Viel Praktisches und ein Blick in die Zukunft – Tagung der Fachvereinigung Pensionskassen 2021

11.10.2021
Wie auch schon die Tagung der Fachvereinigung Mathematische Sachverständige und die Tagung Aufsichtsrecht für EbAV wurde die Fachtagung
Wie auch schon die Tagung der Fachvereinigung Mathematische Sachverständige und die Tagung Aufsichtsrecht für EbAV wurde die Fachtagung "hybrid" durchgeführt.

Rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben am 6. Oktober 2021 an der Tagung der Fachvereinigung Pensionskassen teilgenommen – gut 50 vor Ort in Bonn, die anderen vor ihren Bildschirmen. Mit Praxisberichten zur Eigenen Risikobewertung, den wichtigsten Punkten zum Insolvenzschutz von Pensionskassenzusagen aus Sicht des PSVaG, dem traditionellen Überblick zur aktuellen Rechtsprechung und Gesetzgebung sowie den Möglichkeiten des neuen § 234 Abs. 7 VAG gab es wieder viele praktische Hinweise und Impulse für Pensionskassen. Mit den Themenblöcken zur Rentenpolitik nach der Bundestagswahl und zur Digitalen Rentenübersicht wagten die Referenten aber auch einen Blick in die Zukunft.  

In seiner Begrüßung gab der Moderator des Tages Jürgen Rings (Leiter Fachvereinigung Pensionskassen; Pensionskasse der Mitarbeiter der Hoechst-Gruppe VVaG) einen Überblick über die für Pensionskassen wichtigen Themen. Ein Teil wurde bereits am Vortrag auf der Tagung Aufsichtsrecht für EbAV diskutiert, der andere Teil wurde dann auf der Pensionskassentagung behandelt.

Wie geht es für die Altersversorgung in der neuen Legislaturperiode weiter?

Den Eröffnungsvortrag hielt Dr. Reinhold Thiede (Deutsche Rentenversicherung Bund), der aus der Perspektive der ersten Säule die Aussichten für die Rentenpolitik nach der Bundestagswahl und mit Impulsen aus Brüssel darstellte. Dr. Thiede begann seinen Vortrag mit der positiven Nachricht, dass die Deutsche Rentenversicherung trotz Pandemie im Jahr 2020 ein Plus bei den Beitragseinnahmen verbuchen konnte. Mit Blick auf die nächste Legislaturperiode ging Dr. Thiede davon aus, dass sich die regierenden Parteien in jedem Fall mit der Abgrenzung des einbezogenen Personenkreises (Stichworte wie Selbstständige, Plattform-Arbeiter, Beamte) in der gesetzlichen Rentenversicherung beschäftigen müssen. Die Antworten werden dann von der Couleur der Regierung abhängen. Aus Brüssel sah er eher weniger Impulse für die erste Säule, stellte aber fest, dass die „Angemessenheit“ der Altersversorgung in mehr und mehr EU-Dokumenten betont wird. In der EU-Rentenpolitik scheine der neue Begriff Fairness den Begriff Nachhaltigkeit abzulösen. Im Grünbuch Altern gehe es zum einen darum, den Vorruhestand zu begrenzen, zum anderen um ein Recht auf Arbeit über das Rentenalter hinaus.

Richard Nicka (stellv. aba-Vorstandsvorsitzender; BASF SE) sprach zum selben Thema, allerdings aus Sicht der Pensionskassen und der aba (Kurzbericht auf Leiter-bAV). Er stellte noch einmal die zentralen Ergebnisse und Empfehlungen des im Februar 2020 veröffentlichten Berichts der EU-Expertengruppe Renten dar, an dem er als Experte mitgearbeitet hatte: u.a. ein holistischer Ansatz, der alle drei Säulen mit einbezieht, regulatorische und finanzielle Anreize zum Ausbau kapitalgedeckter Altersversorgung, Unterstützung von sozialpartnerschaftlichen Strukturen und dem Risikoausgleich zwischen Mitgliedern. Diese Empfehlungen stellte er dann den Wahlprogrammen der möglichen Regierungsparteien gegenüber. Die Bilanz war leider ernüchternd: in den Wahlprogrammen wird zwar ein holistischer Ansatz in der Rentenpolitik verfolgt, allerdings gibt es kaum Vorschläge für eine substantielle Förderung der betrieblichen Altersversorgung. Die vorgeschlagenen Alternativmodelle verortete er im individuellen Bereich und klammerten die Leistungsphase aus. Nicka wies auf die Gefahr der Kannibalisierung der bAV hin. Es folgte ein von Gregor Asshoff (stellv. Leiter Fachvereinigung Pensionskassen; ZVK des Baugewerbes AG (SOKA-BAU)) moderierter Austausch der Referenten zur Zukunft der Altersversorgung in Deutschland.

Praktische Hinweise zur Eigenen Risikobeurteilung

Nach diesem Ausblick in die Zukunft brachte der nächste Block die TeilnehmerInnen zurück zu den Aufgaben der Gegenwart: Kamil Sander (ZVK des Baugewerbes AG (SOKA-BAU)) berichtete über erste Erfahrungen mit der Eigenen Risikobeurteilung (ERB). Die ERB ist für einige EbAV im Oktober 2021 zum ersten Mal der BaFin vorzulegen. Sander stellte vor, welche praktischen Fragen sich die SOKA-BAU zu Beginn der Arbeit gestellt hatte, und was dann die Schwerpunkte und Herausforderungen der Risikobeurteilung waren – hier hob er die Berechnung des Finanzierungsbedarfs und das neue Thema „Datenqualität“ als besondere Herausforderung hervor. Frank Weber (BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G.) ging dann noch tiefer ins Detail und arbeitete die Randnummern des BaFin-Rundschreibens ERB systematisch ab. Er zeigte auch, wie ein ERB-Bericht aufgebaut sein kann. Er appellierte an die Pensionskassen, die bisher noch keine ERB vorlegen mussten, für die Bearbeitung ausreichend Zeit einzuplanen, da die neuen Dimensionen zum Teil im Aufwand nicht zu unterschätzen sind.

Pensionskassenzusagen und der PSVaG

Annika Borgers (Pensions-Sicherungs-Verein VVaG) brachte die TagungsteilnehmerInnen in Sachen Insolvenzschutz für Pensionskassenzusagen auf den neuesten Stand. Nach einer kurzen historischen Einordnung erläuterte sie den Umfang des Insolvenzschutzes bei Pensionskassen und ab wann welcher Insolvenzschutz greift. Im Anschluss erklärte sie ausführlich die Melde- und Beitragspflichten für Pensionskassen und gab praktische Hinweise, wo Informationen und Formulare zu finden sind und wie die Prozesse ablaufen. Abschließend erläuterte sie die Regelungen zur Vermögensübertragung auf den PSVaG (§ 9 Abs. 3a BetrAVG), ein flexibles Verfahren mit mehreren Beteiligten und gegenseitigen Informations- und Anhörungspflichten.

Digitale Rentenübersicht: Stand der Dinge und Ausblick in die Zukunft

Der Themenblock nach dem Mittagessen schaute dann noch einmal in die Zukunft: nach Inkrafttreten des Gesetzes im Februar 2021 wird inzwischen am Aufbau einer Digitalen Rentenübersicht gearbeitet. Pensionskassen konnten von drei involvierten aba-Akteuren einen Einblick in diese Arbeit bekommen und schon Hinweise darauf erhalten, welche Anforderungen auf sie zu kommen.

Klaus Stiefermann (aba) gab einen Überblick über die Entwicklung der Digitalen Rentenübersicht. Als Leiter der GVG-Facharbeitsgruppe Trägerübergreifende Vorsorgeinformation und Mitglied des Steuerungsgremiums bei der Zentralen Stelle für die Digitale Rentenübersicht (ZfDR) berichtete er über die wichtigsten Fragen und Herausforderungen vor dem Aufbau einer Digitalen Rentenübersicht und gab einen Überblick über den Inhalt des Gesetzes. Er beendete seinen Vortrag mit dem Appell an die Politik sicherzustellen, dass es attraktive Angebote zur Schließung von Versorgungslücken, die mittels der Digitalen Rentenübersicht ermittelt werden können, gibt.

Die folgenden zwei Referenten, die die aba in verschiedenen Fachbeiräten vertreten, befassten sich dann mit der Umsetzung in Altersversorgungseinrichtungen. Peter Gramke (ZVK des Baugewerbes AG (SOKA-BAU); Mitglied des FB 1 der ZfDR) legte seinen Fokus auf Steuer-ID und Geburtsdatum als Identifier, die gesetzlichen Grundlagen für den Fachlichen Datensatz und Weiterentwicklungsmöglichkeiten, die derzeit nicht im Minimum Viable Produkt enthalten sind.

Dr. Christoph Schulte (Pensionskasse der Mitarbeiter der Hoechst-Gruppe VVaG; Mitglied des FB 2 der ZfDR) gab zunächst eine technischen Prozessübersicht, in der er erläuterte, wie Registrierung, Anmeldung und Anfrage funktionieren sollen. Die Anbindung der Versorgungseinrichtungen bildete einen weiteren Schwerpunkt seines Vortrages.

Rechtsprechung, Gesetzgebung und Regulatorik

Marco Herrmann (BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G.) berichtete über für Pensionskasse relevante aktuelle Rechtsprechungen, u.a. zu Rentenanpassungsprüfungspflicht, Einstellung der Altersrente aufgrund von Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze und Anspruch auf Verzinsung von erstatteten Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungs-Beiträgen auf Leistungen einer Pensionskasse durch die gesetzliche Krankenkasse. Bei der Gesetzgebung wies er auf das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität hin, unter der Überschrift Regulatorik beschäftigte er sich mit der VAIT 2.0.

Zum Abschluss noch eine Reihe neuer Möglichkeiten

Zum Abschluss des zweiten Tages stellte Dr. Georg Thurnes (aba-Vorstandsvorsitzender, ThurnesbAV GmbH) die Möglichkeiten des neuen § 234 Abs. 7 VAG dar. Nachdem er ausführlich die Ausgangslage und Motivation für die Gesetzesänderung geschildert hatte, stellte er den Inhalt der neuen Regelung zur Sanierung von Teilkollektiven vor. Insbesondere ging er auf die Entscheidungsprozesse und Zustimmungserfordernisse ein. Zum Abschluss erläuterte er das Verfahren gem. § 234 Abs. 7 VAG anhand eines Beispiels und warf erste Umsetzungsfragen ragen auf.