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Ausführlicher Rückblick auf die FVMS-Herbsttagung: Sozialpartnermodell, Bilanzierung und vieles mehr

10.10.2022

Einen bunten (Herbst-)Strauß an aktuellen Themen der betrieblichen Altersversorgung bot auch in diesem Jahr die Herbsttagung der Mathematischen Sachverständigen am 29. September 2022. Der Einladung ins Kölner Hilton Hotel folgten 75 Präsenzteilnehmer. Weitere 85 Personen nahmen an ihren Bildschirmen an der hybriden Tagung teil.

Der nachfolgende Bericht ist eine erweiterte Fassung eines am 3. Oktober 2022 erstmals erschienenen Artikels.

Großen Raum nahmen die Spannung erwarteten ersten Sozialpartnermodelle ein.

Michael Mostert (IG BCE) betonte in seinem letzten öffentlichen Vortrag vor seinem Eintritt in den Ruhestand den Handlungsdruck, der durch die Absenkung des Höchstrechnungszinses von 0,9 % auf 0,25 % entstanden sei. Hierdurch habe sich ein neuer Blick auf das Potential einer reinen Beitragszusage im Vergleich etwa zu einer denkbaren Absenkung des Garantieniveaus auf unter 100 % in Rahme einer beitragsorientierten Leistungszusage ergeben. Er präsentierte Details zur Neufassung des Tarifvertrags über Einmalzahlungen und Altersvorsorge (TEA). Daneben betonte er die Notwendigkeit einer guten Verzahnung aller Vertragswerke, v.a. des Tarifvertrags und des Durchführungsvertrags. Dies sei von großer Bedeutung für die Bescheinigung einer aufsichtsrechtlichen Unbedenklichkeit. 

Freiherr Christian von Buddenbrock lieferte daran anknüpfend weitere Praxishinweise zum Ablauf des Verhandlungsprozesses: angefangen von der Grundentscheidung für ein und die Konzeption des Sozialpartnermodells über den Verhandlungs- und schließlich den aufsichtsrechtlichen Genehmigungsprozess. Er beleuchtete hierbei auch das Spannungsverhältnis von Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) und aufsichtsrechtlicher Regelungen. Für die praktische Durchführbarkeit sei entscheidend, dass (ungeachtet der Tarifautonomie) die Vertragsparteien Regelungen finden, die mit zwingenden aufsichtsrechtlichen Vorgaben in Einklang stehen.

Die Referenten erscheinen im Foto mit den weiteren Teilnehmern einer Podiumsdiskussion, die den Themenblock abschloss: Stefan Oecking (Mercer Deutschland und Leiter der aba-Fachvereinigung Mathematische Sachverstände), Axel Kleinlein (math concepts), Dr. Henriette Meissner (Stuttgarter Vorsorgemanagement und Leiterin der aba-Fachvereinigung Unterstützungskasse) und Hanne Borst (Willis Towers Watson und Moderatorin des Vormittagsprogramms; außenstehend von links nach rechts).

Rechtdienstleistungsgesetz und Bewertung von Hinterbliebenen- und Invaliditätsleistungen

Vor der Mittagspause erläuterte Dr. Nicolai-Anselm von Holst (Kanzlei von Holst) die im Gesetzentwurf zur Stärkung der Aufsicht bei Rechtsdienstleistungen vorgesehenen Änderungen bei den maßgeblichen Vorschriften für Rentenberater. Er behandelte besonders die Aussicht auf mehr Transparenz durch die geplante Zuständigkeit des Bundesamts für Justiz ab dem Jahr 2025 und die damit einhergehende Überwindung der regional zersplitterten Regelungen für Zulassung, Registrierung, Überwachung und Löschung.

In einem Praxisvortrag über die geänderte Bilanzierung von Hinterbliebenen- und Invaliditätsleistungen (Bosch-Gruppe) beleuchtete Uwe Kolasa (Bosch-Gruppe) zunächst die historische Entwicklung der Versorgungssysteme seines Unternehmens. Die stärker kapitalmarktorientierte Ausgestaltung erst der Anwartschafts- und später auch der Leistungsphasen habe zu einer Ablösung der Definition dieser Zusatzleistungen vom Prozess der Aufbau einer Altersleistung geführt. Damit verbundene bewertungsrechtliche Fragestellungen und Handlungsmöglichkeiten (z.B. eine Klassifizierung als „other long-term employee benefits“ nach IAS 8) beleuchtete anschließend Christian Viebrock (Mercer Deutschland)

Corona-Effekte und aba-Wiki

Das Nachmittagsprogramm wurde gegliedert durch eine Abfolge von Kurzvorträgen („Aktuelle Stunde“).

Dr. Friedemann Lucius (Mitglied des Vorstands bei der Heubeck AG) veranschaulichte zunächst die in den bisherigen Corona-Wellen statistisch messbar gewordene Übersterblichkeit. Bei der konkreten Bewertung dieser Zahlen müssten weitere, grundlegendere Trends wie die Verlängerung der Lebenserwartung und die Verschiebung der Alterspyramide berücksichtigt werden). Er kam zum Ergebnis, dass aus Sicht seines Hauses aktuell für eine Anpassung der Richttafeln keine Notwendigkeit und aufgrund unzureichender Datengrundlage auch keine Möglichkeit gesehen werde.

Den erreichten Stand in der Fachvereinigungs- Arbeitsgruppe für ein Rechnungslegungs-Wiki präsentierte Christiane Grabinski (RZP beratende Aktuare GbR). Der aktuelle Zeitplan sehe eine Live-Demo für die Herbsttagung im Jahr 2023 und ein Start der Nutzung, d.h. eine Öffnung für einen größeren Nutzerkreis Ende 2024 vor.

Zinsupdate und Digitale Rentenübersicht

Hanne Borst (WTW) präsentierte in ihrem „Inflations- und Zinsupdates“ international vergleichende Statistiken über Inflationsentwicklungen und über deren Auswirkungen auf Markt- und Rechnunngszinsen, z.B. den HGB-Zinssatz. Zu beobachten sei etwa, dass der 7- Jahresdurchschnitt bereits sein bisheriges Minimum erreicht hat und seit einigen Monaten wieder steigt. Schlussfolgerungen über die erwarteten Auswirkungen auf die Bewertung von Pensionsverpflichtungen in den Jahresabschlüssen (und der Hinweis auf eine anhaltend hohe Volatilität) schlossen den Vortrag ab.

In seinem Update zur Digitalen Rentenübersicht ging Klaus Stiefermann (aba-Geschäftsführer) auf die nächsten Schritte ein: den Ende 2022 beginnenden 12-monatigen Probetrieb (zugleich eine Evaluierungsphase) und den danach beginnenden Regelbetrieb. Er betonte, dass der Zeitpunkt einer Anbindungspflicht von Einrichtungen, die gesetzlich zur jährlichen Erteilung von Standmitteilungen verpflichtet sind, noch nicht feststehe. Hier sei weiterhin unklar, wann und mit welchem Zieldatum die Bundesregierung von ihrer Verordnungsmöglichkeit Gebrauch mache. Im Weiteren behandelte er bereits jetzt mögliche Vorbereitungen wie etwa das Maschinelle Abfrageverfahren (MAV), das Pensionskassen, Pensionsfonds und Direktversicherungen für die Erhebung von Steuer-IDS von Anwärtern nutzen können. Er verwies auch auf das Informationsangebot der ZfDR auf einer für Vorsorgeeinrichtungen eingerichteten Internetsetseite. Dort besteht seit September auch die Möglichkeit zur Registrierung und zur Beantragung von Serverzertifikaten.

Effekte von Auszahlungsoptionen und FVMS-Mitgliederumfrage

Der Vortrag Dr. Angelika Brandl (Aon) behandelte die Effekte von Auszahlungsoptionen (Renten, Raten oder Kapital). Die Einräumung solcher Optionen erfordern belastbare Annahmen des Versorgungsträgers über erwartete Nutzungshäufigkeiten für jede dieser Optionen. Anhand konkreter Beispiele machte sie dann deutlich, welche Effekte Unterschiede oder Veränderungen auf die auf die Höhe des Verpflichtungsumfangs nach HGB, IFRS/US-GAAP und in der Steuerbilanz haben können.

Im abschließenden Vortrag präsentierten Dr. Benedikt Köster (Mitglied des Vorstands des PSVaG) und Andreas Zimmermann (aba-Geschäftsstelle) die Ergebnisse einer Umfrage unter FVMS-Mitgliedern und potentiellen Mitgliedern (letztere wurden v.a. über die Verteiler des IVS erreicht). Die Übernahme des Beitrags durch den Arbeitgeber erweist sich als weiterhin wichtiger Anreiz für einen Beitritt zur Fachvereinigung. Demgegenüber werden Änderungen beim Aufnahmeverfahren geteilt beurteilt. Weitere Antworten der Umfrageteilnehmer verdeutlichten das Potential für eine Steigerung der Attraktivität durch einen Ausbau der Angebote von Veranstaltungen und Fachinformationen, von denen Mitglieder der Fachvereinigung je nach Art des Angebots entweder exklusiv oder zu Sonderkonditionen profitieren könnten.

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