2023-05-25 EIOPA-Konsultation zur Überprüfung der EbAV-II-RL: EU-Minimalharmonisierung der Richtlinie bewahren und zentrale Rolle repräsentativer Gremien in EbAV anzuerkennen

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EIOPA-Konsultation zur Überprüfung der EbAV-II-RL: EU-Minimalharmonisierung der Richtlinie bewahren und zentrale Rolle repräsentativer Gremien in EbAV anzuerkennen

aba-Positionen zum EIOPA-Konsultationspapier mit seinen zahlreichen Vorschlägen zur Weiterentwicklung der EbAV-II-RL

25.05.2023

Am 03. März 2023 hat EIOPA ihr Konsultationspapier zum Call for technical Advice der Europäischen Kommission zur Überarbeitung der EbAV II-Richtlinie veröffentlicht und bis 25. Mai zur Konsultation gestellt. Dieses Positionspapier bewertet die EIOPA-Vorschläge, die aus Sicht der aba besonders wichtig sind.

Allgemeines
  • Charakter der EbAV II als EU-Minimalharmonisierungsrichtlinie bewahren: Viele Vorschläge von EIOPA würden bei Umsetzung deutlich darüber hinaus gehen (z. B. durch Übernahme von Bestimmungen aus Vollharmonisierungsrichtlinien wie Solvency II und Verankerung von EIOPA-Stellungnahmen in der EbAV-II). Insgesamt scheint EIOPA die prinzipienbasierte EbAV-Regulierung hin zu einer stärker EU-harmonisierten und regelbasierten entwickeln zu wollen. Dies würde nicht nur die Anforderungen an EbAV weiter deutlich erhöhen, sondern auch die bisherigen Möglichkeiten der Mitgliedstaaten und nationalen Aufsichtsbehörden, die Richtlinie so umzusetzen, dass sie zum jeweiligen nationalen Arbeits-, Sozial- und Steuerrecht passt, deutlich einschränken.
  • Zentraler Rolle repräsentativer Gremien in kollektiven Altersversorgungssystemen ist in der EbAV-Regulierung Rechnung zu tragen: EbAV haben Gremien, die die Begünstigten und Trägerunternehmen im gesetzlichen Rahmen repräsentieren und ihre Interessen vertreten. Für wichtige Diskussionen und Entscheidungen kann bei Bedarf auch professionelle Unterstützung eingeholt werden. Diese bei EbAV übliche repräsentative Demokratie führt zu guten und transparenten Ergebnissen. Die von EIOPA vorgesehenen Abfragen individueller Präferenzen der Versorgungsanwärter zu verschiedenen Themen widerspricht der bewährten Governance kollektiver Systeme. Eine direkte Übertragung von Anforderungen aus Finanzmarktregulierungen auf EbAV ist weder sinnvoll noch angemessen.

Governance and prudential standards
  • ​​Anwendungsbereich der EU-Richtlinie EbAV-II: Die von EIOPA vorgeschlagenen neuen Grenzwerte für Artikel 5 lehnen wir ab. Demnach wäre es Mitgliedstaaten möglich, die Richtlinie in ihrer Gänze nicht auf EbAV anzuwenden, die weniger als 1.000 Versorgungsempfänger und -berechtigte und €50 Mio. AuM (Assets under management) haben. Dies würde nämlich dazu führen, dass die Richtlinie auf 30-45% aller EbAV in der EU potenziell nicht mehr angewendet würde – und in einigen Mitgliedstaaten praktisch überhaupt nicht. Politisch ist es keine Lösung, die aufsichtsrechtlichen EU-Anforderungen so anzuheben, dass nur noch eine Minderheit von Einrichtungen sie erfüllen kann.

  • "low-risk profile“ EbAV ist abzulehnen: Den EIOPA-Vorschlag, eine Gruppe von „low-risk profile“ EbAV zu definieren, für die bei Vorliegen bestimmter, rein schematischer Voraussetzungen und Kriterien (z.B. Anwendung des Common Frameworks) gewisse Erleichterungen gelten sollen, mag im Rahmen einer EU-Vollharmonisierung zu mehr Proportionalität führen, überzeugt aber bei einer EU-Minimalharmonisierung nicht. Hier sollte es primär die Aufgabe der Mitgliedstaaten und der nationalen Aufsichtsbehörden sein, für eine angemessene und sachgerechte Anwendung des Proportionalitätsprinzips mit Blick auf alle EbAV zu sorgen.

  • Aktuelles Proportionalitätsprinzip beibehalten und leben: Der EIOPA-Vorschlag, künftig nur noch auf “nature, scale and complexity of the (risks inherent in the) activities of the IORP” abzustellen, würde die zu berücksichtigenden Kriterien „Größe“ und „interne Organisation“ abschaffen. Diese für die vielfältigen EbAV wichtigen Kriterien müssen erhalten bleiben.

 

Cross-border activities and transfers
  • Multinationale Trägerunternehmen haben – abhängig von der geografischen Verteilung ihrer Mitarbeiter – ein berechtigtes Interesse an einer grenzüberscheitenden Tätigkeit und Bestandsübertragungen ihrer EbAV, um die bAV effizient zu organisieren. Die ganz überwiegende Mehrheit von EbAV wird auch künftig ausschließlich national tätig sein.
  • Keine höheren Anforderungen für alle EbAV ohne Not: Die von EIOPA vorgeschlagenen Maßnahmen zur Beschränkung von regulatorischer Arbitrage sind angesichts der mangelnden Evidenz für dieses Phänomen überzogen, v. a. da sie sich nicht nur auf grenzüberschreitend tätige Einrichtungen beschränken.

  • Artikel 12 über grenzüberschreitende Bestandsübertragungen ist in seiner aktuellen Form beizubehalten, da er der heterogenen EbAV-Landschaft in der EU Rechnung trägt. EIOPA-Vorschläge, die zu einer EU-Regulierung nationaler Bestandsübertragungen führen, lehnen wir ab.
 
Information to members and beneficiaries and other business conduct requirements
  • Art und Umfang der Informationen müssen zum bAV-System passen: Die Umsetzung vieler EIOPA-Vorschläge mit Blick auf Form, Inhalt und auch möglicherweise Frequenz von Informationen über Betriebsrentenansprüche (Renteninformation) sowie Sorgfaltspflichten von EbAV gegenüber Versorgungsanwärtern würde zu erhöhten Kosten und geringeren Handlungsspielräumen für die Mitgliedstaaten und Einrichtungen führen (z.B. durch verbindliche „Templates“). Die vorgesehene Wahlmöglichkeit der Begünstigten, wie sie ihre Betriebsrenteninformation erhalten, passt nicht in kollektive Systeme.
  • Vor allem in kollektiv geprägten Systemen, bei denen im Gegensatz zur privaten Altersversorgung der Einzelne weder Anbieter noch Produkt wählt und keine Anlageentscheidungen trifft, sind weder eine Schutzbedürftigkeit zu erkennen, welche so weitgehende Änderungen rechtfertigen könnte, noch ein erkennbarer Nutzen für die Anwärter.
  • Interdependenzen mit Trackingsystemen im Blick halten: In zahlreichen Mitgliedstaaten bestehen oder entstehen derzeit Trackingsysteme (z.B. Digitale Rentenübersicht in Deutschland), die dem Einzelnen einen säulenübergreifenden Überblick zu seiner Altersversorgung geben. Eine funktionierende Verzahnung zwischen Informationspflichten von Anbietern durch die EbAV-II-RL und im Hinblick auf das nationale Trackingsystem muss gewährleistet bleiben.

Shift from DB to DC
  • Langfristige Risikobeurteilung auch für DC-Systeme sinnvoll: EIOPAs Vorschlag, DC-EbAV künftig zu einem „long-term risk assessment“ zu verpflichten, stehen wir grundsätzlich offen gegenüber, solange entsprechende Vorgaben prinzipienbasiert gestaltet werden.

  • Kein Transfer der EIOPA-Stellungnahme Kostenberichtswesen in die EbAV-II-RL: Die aktuelle Bestandsaufnahme bei deutschen EbAV im Hinblick auf die EIOPA-Stellungnahme “on the supervisory reporting of costs and charges of IORPs” vom Okt. 2021 war mit einem extrem hohen Aufwand für EbAV, Trägerunternehmen und Dienstleister verbunden. Wir lehnen die Einführung dieses sehr detaillierten jährlichen Kostenberichtswesens, basierend auf MiFID-II-Anforderungen für alle Kapitalanlagen, und mit Angaben von Trägerunternehmen getragene Kosten als einheitlichen EU-Standard eindeutig ab.

  • Angemessene Regelungen für kollektive DC-Systeme notwendig: In kollektiven DC-Systemen, wie z. B. dem Sozialpartnermodell in Deutschland, ist es zielführender, den Risikoappetit der Versorgungsberechtigten und -empfänger über die Gremien einer EbAV zu definieren. Diesem Ansatz muss Rechnung getragen werden. Beim Sozialpartnermodell sind beispielsweise die Tarifvertragsparteien gesetzlich verpflichtet, sich an der Durchführung und Steuerung, insbesondere des Risikomanagements, zu beteiligen.

 

Sustainability
  • Nachhaltigkeitsregulierung muss für EbAV bewältigbar sein: EIOPAs Vorschlag, die vorgesehene komplette Solvency II-Nachhaltigkeitsregulierung (z. B. doppelte Materialität als Teil des Prudent Person Principles) in EbAV II zu übernehmen, ist abzulehnen, da dies dem EU-Minimalharmonisierungsprinzip der Richtlinie widerspricht und die meisten EbAV schlichtweg überfordern würde.
  • Interdependenzen der EIOPA Vorschläge mit der Offenlegungsverordnung in den Blick nehmen: Die Ergänzung des Prudent Person Principles um doppelte Materialität würde dazu führen, dass EbAV nicht mehr nach Art. 6 der Offenlegungsverordnung berichten könnten, sondern nur noch nach Art. 8 oder 9, deren strengere Vorgaben für viele Einrichtungen mit einem vertretbaren Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht erfüllbar sind.

 

Diversity and Inclusion (D&I)
  • Keine D&I-Bankenregulierung für EbAV: EbAV unterscheiden sich von Finanzinstituten dahingehend, dass ihre Vorstände und/oder Aufsichtsräte häufig aus Vertretern der Trägerunternehmen und der Begünstigten zusammengesetzt sind. Die Organmitglieder werden meist zur Umsetzung der organschaftlichen Mitbestimmung von den Versicherten gewählt bzw. von den Arbeitgebern entsandt. Dies stellt bereits einen zentralen Aspekt von Diversität dar. Die schlichte Übertragung einschlägiger Vorgaben aus der Bankenregulierung ist daher nicht angemessen. Darüber hinaus ist ein Bedarf finanzmarktspezifischer D&I-Definitionen und Vorgaben nicht erkennbar.

  • „Fit and proper“ Anforderungen müssen im Vordergrund stehen: Die Einführung von D&I-Vorgaben darf nicht zu einer Verwässerung der „Fit and proper“-Anforderungen an EbAV-Gremien führen. Quantitative D&I-Anforderungen sind daher abzulehnen.

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Mitglieder der aba finden die komplette aba-Stellungnahme im geschützten Bereich der aba-Website und in der nächsten Ausgabe der aba-Zeitschrift BetrAV. 

 

 
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