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Wissenschaftlicher Beirat beim BMF schlägt Reform des § 6a EStG vor

30.06.2020

In der Stellungnahme 03/2020 des Wissenschaftlichen Beirats beim BMF vom Mai diesen Jahres, die den Titel „Steuerliche Maßnahmen für Unternehmen aus Anlass der Corona-Krise“ trägt, findet sich unter der Überschrift „5.3 Abzinsungssatz bei Pensionsrückstellungen (§ 6a EStG)“ folgender Vorschlag:

„Eine weitere denkbare Änderung, die sich zwar nicht unmittelbar mit der Corona-Krise begründen lässt, aber einen spürbaren Entlastungseffekt zugunsten der Unternehmen bewirken würde, betrifft die Abzinsung von Pensionsrückstellungen gem. § 6a EStG. Auch diese steuerliche Sondervorschrift wird bereits seit langem kritisiert, u.a., weil der anzuwendende Abzinsungssatz von gegenwärtig 6% dazu führt, dass die wirtschaftlich gegebene Belastungssituation steuerlich nicht realitätsgerecht abgebildet wird. Tatsächlich enthalten die Steuerbilanzen in der Position der Pensionsrückstellungen erhebliche stille Lasten. Eine realitätsgerechte Bewertung von Pensionsrückstellungen ist sinnvoll, weil die zur Bedienung dieser Verbindlichkeiten benötigten Mittel für den Steuerpflichtigen nicht disponibel sind; es handelt sich um Mittel, die für die Gläubigerbefriedigung benötigt werden.

Durch Absenkung des steuerlichen Abzinsungssatzes für die Bewertung von Pensionsrückstellungen würde der Wertansatz der Pensionsrückstellungen in den Steuerbilanzen gewinnmindernd steigen, mit den oben beschriebenen Effekten auf Steuerzahllasten und Liquidität. Administration und Abwicklung dieser Finanzierungshilfe wären denkbar einfach und würden im Rahmen der laufenden Veranlagungen erfolgen. Zugleich würde dadurch ein Beitrag zur Wiederannäherung von Handels- und Steuerbilanz geleistet, die derzeit im Bereich der Rückstellungen stark voneinander abweichen (mit entsprechenden Rechtsanwendungskosten auf Seiten der Unternehmen). Eine solche Hilfsmaßnahme würde wahrscheinlich besonders die mittelständischen Unternehmen als Rückgrat der deutschen Wirtschaft erreichen, weil sie, insbesondere in der Rechtsform der GmbH, häufig Pensionsverbindlichkeiten in ihren Büchern haben.

Eine solche Änderung des § 6a EStG ließe sich freilich, anders als die übrigen beschriebenen Maßnahmen, praktisch wohl kaum sinnvoll als befristete Regelung einführen, sondern wäre eine dauerhafte Änderung des Steuerbilanzrechts mit durchaus beachtlichen fiskalischen Auswirkungen. Diese denkbare Maßnahme könnte deshalb auch zunächst zurückgestellt werden, um die Vor- und Nachteile sorgfältig und in Ruhe abzuwägen. Das gilt auch für die Frage, ob nicht die Nachzahlungszinsen von 6% generell den Marktbedingungen angepasst werden sollten."

Leider ist der Gesetzgeber der Empfehlung des 35-köpfigen Expertengremiums nicht gefolgt. Aber der Expertenrat motiviert, auch weiterhin auf eine sachgerechte Anpassung des § 6a EStG zu drängen. Viele weitere Argumente dafür finden sich in den Überlegungen der aba zu einer Reform von § 6a EStG vom 24. April 2018.