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Wir brauchen ein Betriebsrentenstärkungsgesetz II

16.05.2023

„Die Bundesregierung hat sich die Stärkung der betrieblichen Altersversorgung auf die Fahnen geschrieben. Jetzt müssen den Worten auch Taten folgen. Es ist Zeit für ein Betriebsrentenstärkungsgesetz II“, forderte Dr. Georg Thurnes, Vorsitzender der aba Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung, auf der 85. aba-Jahrestagung in Berlin. Der mehrmonatige Fachdialog beim Arbeitsministerium habe den Handlungsbedarf aufgezeigt und Vorschläge für eine Stärkung der Betriebsrente geliefert. Diese gelte es schnell umzusetzen.

Thurnes erklärte: „Wir brauchen keine schöngerechneten, rudimentären Staatsfondmodelle zur individuellen privaten Vorsorge. Wir brauchen eine robuste Altersversorgung mit dualem Kern aus staatlicher und betrieblicher Altersversorgung, weil diese als kollektive Systeme höchst effizient lebenslange Leistungen liefern und sich optimal ergänzen.“

Eine Schlüsselrolle komme dabei der reinen Beitragszusage und dem Sozialpartnermodell zu. „Die ersten Sozialpartnermodelle haben gezeigt, wo der Gesetzgeber nachsteuern muss, um Breitenwirkung zu erzielen. Auch Nichttarifgebundene müssen Zugang erhalten. Widersprüche im Arbeits- und Aufsichtsrecht müssen beseitigt werden“, forderte Thurnes.

„Gutes kann man noch besser machen, das gilt auch für die Geringverdienerförderung nach § 100 EStG. Schon mehr als 1 Millionen Geringverdiener in über 80.000 Unternehmen haben so Betriebsrentenzusagen erhalten. Pro Kopf wenden diese Betriebe durchschnittlich 570 Euro pro Jahr für die Betriebsrenten auf. Sie erhalten davon 30 Prozent als staatliche Förderung erstattet. Bei einem Fördersatz von 40 oder 50 Prozent würden noch mehr Zusagen erteilt. Außerdem sollte die Gehaltsgrenze von derzeit 2.575 Euro dynamisiert werden“, führte Thurnes aus.

Zudem müsse die betriebliche Altersversorgung entbürokratisiert, stärker dereguliert und digitalisiert werden. „Nachweisgesetz und Pflegeunterstützungs- und -Entlastungsgesetz zeigen: deutscher Perfektionismus ist der Feind des Guten. Es kann nicht sein, dass bei der vorgesehenen kinderzahlbezogenen Differenzierung der Beiträge betriebliche Versorgungsträger den gesamten Aufwand für Erhebung und Überprüfung der Daten tragen müssen. Wir brauchen ein digitalisiertes Verfahren, das den Einrichtungen und Arbeitgebern hierzu die notwendigen Angaben liefert und Mehrfachabfragen verschiedener beitragsabführender Stellen bei den Betroffenen verhindert. Bis ein solches Verfahren existiert sollte die Umsetzung des Gesetzes ausgesetzt werden. Versorgungseinrichtungen können nicht über Monate oder gar Jahre zu hohe Pflegeversicherungsbeiträge abrechnen und später alles wieder korrigieren“, erklärte Thurnes.

Dringender Handlungsbedarf bestehe auch im Finanzaufsichtsrecht. „Wir brauchen eine Anpassung der bestehenden Anforderungen an die Kapitalanlage, die Bedeckung und das Risikomanagement“, so Thurnes. Altersversorgungseinrichtungen dürften nicht undifferenziert der „Finanzmarktregulierung“ unterworfen werden. Die anstehende Überprüfung der IORP-II-Richtlinie dürfe nicht zu weiteren Belastungen der Einrichtungen führen, sie müsse Entlastungen bringen.