FIDA-Verordnung: Zugang zu EbAV-Daten für Finanzinformationsdienstleister?
28.09.2023
Der Ende Juni 2023 vorgestellte Verordnungsvorschlag für den Zugang zu Finanzdaten (FIDA-VO, vgl. Artikel vom 29. Juni 2023) wird in den Gremien von aba und PE weiterhin intensiv diskutiert. Er war auch Teil der Agenda der Tagung „Aufsichtsrecht für EbAV“ am 28. September 2023. Seit Mitte September 2023 liegt der Vorschlag auch in deutscher Übersetzung vor (Verordnung „über einen Rahmen für den Zugang zu Finanzdaten“, die auch Änderungen an der EIOPA-VO Nr. 1094/2010 vorsieht). Der Vorschlag steht im Kontext des von der Kommission angestrebten Rahmens für ein „Offenes Finanzwesen“ (Open Finance). Dieser zielt auf die Ermöglichung des Datenaustauschs und des Zugangs Dritter im Finanzsektor. Ausgehend von den im Bereich der Kontoinformations- und Zahlungsdienstleistungen (PSD2-Richtlinie) gemachten Erfahrungen sollen in weit größerem Umfang als bisher Finanzmarktteilnehmer in ihrer Rolle als Dateninhaber („data holders“) verpflichtet werden, Dritten mit Einwilligung der Kunden („data owners“) Vertragsdaten kostenfrei, unverzüglich und in Echtzeit über automatisierte Schnittstellen für Datennutzer verfügbar zu machen.
Davon sind auch EbAV bzw. deren Daten betroffen, die durch Artikel 2 Abs. 1 Buchst. c) bzw. durch Art. 2 Abs. 2 Buchst. k) in den Anwendungsbereich einbezogen wurden. Wie alle Finanzinstitute im Anwendungsbereich können auch EbAV grundsätzlich eine Doppelrolle als Dateninhaber und Datennutzer einnehmen und insoweit ihrerseits auf Daten anderer EbAV zugreifen.
Begünstigt von dem Verordnungsvorschlag wären jedoch in erster Linie sogenannten Finanzinformationsdienstleister. Als Dritte ohne eigene Kundendaten wären sie nach einer aufsichtlichen Genehmigung berechtigt, im Auftrag von Kunden systematisch auf Daten zuzugreifen, um für sie (im VO-Vorschlag) nicht näher bezeichnete innovative Finanzinformationsdienstleistungen anzubieten, wofür Dateninhaber eine „angemessene Vergütung“ verlangen könnten. Produkt- oder Tarifvergleiche und andere Formen von Unterstützung beim Vertrieb dürften bei den von der EU-Kommission intendierten Anwendungsfällen im Vordergrund stehen.
Die nähere Ausgestaltung des Austauschs von Finanzdaten soll durch mitgliedschaftlich organisierte „Systeme für den Austausch von Finanzdaten“ (englisch: „schemes“) erfolgen. Der Verordnungsvorschlag trifft nur lückenhafte Regelungen (Artikel 9-11), darunter die Beteiligung von Dateninhabern, Datennutzern und Verbraucherschutzorganisationen, lässt aber darüber hinaus viele Fragen offen.
Für EbAV in Deutschland wäre die Einbeziehung in den Geltungsbereich der Verordnung mit einer Vielzahl von Unwägbarkeiten und potentiellen Herausforderungen verbunden. Besonderheiten wie das dreiseitige Vertragsverhältnis von Trägerunternehmen, Altersversorgungseinrichtungen und Berechtigten bleiben ebenso unberücksichtigt wie die bei EbAV im Regelfall fehlende Vertriebsorientierung.
Auf jeden Fall dürfte für EbAV ein hoher technischer Aufwand für die Einräumung von Datenzugriffsrechten entstehen. Dem soll zwar ein Anspruch der Dateninhaber auf eine „angemessene Vergütung“ des Zugriffs durch die Datennutzer gegenüberstehen. Aber es besteht die Gefahr, dass die technischen Standards von denen abweichen werden, die für die Digitale Rentenübersicht entwickelt wurden. Bei dieser nationalen „Tracking“-Lösung ist bekanntlich allein die Zentrale Stelle für die Digitale Rentenübersicht (ZfDR) berechtigt, im Auftrag von Bürgern Daten abzufragen. Im Verordnungsvorschlag der EU-Kommission werden tatsächlich „Tracking Dienste“ als ein möglicher Anwendungsfall von Finanzinformationsdienstleistungen genannt. Allerdings zeigt der Umstand, dass Tracking Systeme in vielen Mitgliedstaaten bereits existieren, dass ein solches Angebot eben nicht „innovativ“ wäre und sogar weniger umfassend, denn Rentendaten der ersten Säule und weite Teile der privaten Altersvorsorge befinden sich außerhalb des geplanten Anwendungsbereichs der FIDA-Verordnung.
Diese und weitere Argumente sind Teil der laufenden Diskussionen in den Gremien von PensionsEurope und aba. Es ist geplant, bis zum Ablauf der von der Kommission eingeräumten Feedbackfrist für Stakeholder am 1. November 2023 eine ausführliche Bewertung vorzunehmen.